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Großer Zulauf bei Lesung mit Markus Engfer


Es war kein gewöhnliches Buch, das Markus Engfer, 22 Jahre jung, da in der Stiftung Scheuern vorstellte. „Der Schatten meines Lebens“ ist die ebenso berührende wie nachdenklich stimmende Autobiografie eines Menschen mit geistigem und psychischem Handicap, die Geschichte eines jungen Mannes, der schon früh unter seinem Anderssein litt und das Schreiben als seinen Weg entdeckte, mit dem erfahrenen Leid umzugehen.

 „Wie lange hast du gebraucht, um das Buch zu schreiben?“ Markus Engfer hatte noch gar nicht richtig angefangen mit seiner Lesung, da prasselten schon die Fragen auf ihn ein. Was ein gutes Zeichen war. Ein sehr gutes sogar, denn es zeigte, dass sich die Zuhörer von Anfang an interessierten, mitgingen, gefesselt waren.

Aber es war ja auch kein gewöhnliches Buch, das Markus Engfer, 22 Jahre jung, da in der Stiftung Scheuern, genauer gesagt in den Werkstätten für behinderte Menschen im Nassauer Mühlbachtal  und in Singhofen, vorstellte. „Der Schatten meines Lebens“ ist die ebenso berührende wie nachdenklich stimmende Autobiografie eines Menschen mit geistigem und psychischem Handicap, die Geschichte eines jungen Mannes, der schon früh unter seinem Anderssein litt und das Schreiben als seinen Weg entdeckte, mit dem erfahrenen Leid umzugehen und sich letztlich ein Stückweit davon zu befreien. Ein Weg, der übrigens auch über die therapeutische Wirkung hinaus von Erfolg gekrönt war: Mit „Der Schatten meines Lebens“ erschrieb sich Markus Engfer beim Wiener Literaturwettbewerb „Ohrenschmaus“ den mit 1000 Euro dotierten ersten Platz in der Kategorie Lebensgeschichte.

Von Starallüren ist der junge Autor dennoch weit entfernt. Er sei sogar ziemlich aufgeregt, verriet er dem Publikum zu Beginn, fand aber schnell den roten Faden, als er Passagen aus seinem Text vorzutragen begann. Passagen eines Textes, der in kurzen, prägnanten Sätzen und einprägsamer, leicht verständlicher Sprache verfasst ist. Passagen, in denen es um traurige Dinge wie Einsamkeit und Ausgrenzung, aber auch um Glück, Lebensmut und Zuversicht geht. Dass es kein eintöniger Monolog, sondern, im Gegenteil, eine ausgesprochen lebendige Veranstaltung wurde, lag nicht zuletzt auch an Markus Engfers Verlegerin Ursula d’Almeida-Deupmann, die ihm bei der Lesung zur Seite stand, zwischen den einzelnen Passagen überleitete, aus der gemeinsamen Entstehungsgeschichte des Buches erzählte und vor allen Dingen immer wieder spontan das Publikum mit einbezog. „Haben Sie auch schon das Gefühl gehabt, dass Sie wegen Ihrer Behinderung blöd angeguckt werden?“, fragte sie etwa an einer Stelle – und die Zuhörer konnten von ihrer eigenen Lebenswelt erzählen.

Logisch, dass das Thema Behinderung einen ziemlich großen Raum im Buch einnimmt. „In der Gesellschaft gibt es zwei Gruppen von Menschen“, so Markus Engfer. „Diejenigen, die Menschen mit Behinderung von vornherein ausgrenzen, und die anderen, die sozial Eingestellten, die etwas nachdenklicher sind und jemanden nicht gleich herablassend anschauen, bloß weil er ein Handicap hat – und ihm damit auch schon helfen.“ Ernüchternd, was der junge Autor zum Stichwort Inklusion („Das ist, wenn Behinderte und Nichtbehinderte zusammengeschweißt sind“) zu sagen hatte. „Wenn man das Wort in eine Internet-Suchmaschine eingibt, sieht man auf den meisten Seiten Politiker, die ja bekannt dafür sind, dass sie die Welt verbessern wollen“, kommentierte er nicht ohne Ironie. „Und vieles mag sich auch schon positiv verändert haben – zum Beispiel, dass die meisten Züge und Busse jetzt Rampen für Rollstuhlfahrer haben. Doch von echter Inklusion kann noch keine Rede sein. Die wird es vielleicht in 50 Jahren geben.“

Aber nicht nur um die Nachteile und Probleme, sondern auch um die eigenen, teils ungeahnten Fähigkeiten geht es im Buch Markus Engfers, der heute in einer eigenen Wohnung mit ambulanter Betreuung lebt, auf eigene Faust Reisen nach Berlin, München oder Dresden unternimmt und am Anfang seiner Ausbildung zum Pflegeassistenten steht. Und um das Thema Liebe: Zum ersten Mal las Markus Engfer in Nassau und Singhofen eine Passage aus dem entsprechenden Kapitel seines Buchs, zu dem er übrigens auch Gedichte, Zeichnungen, Fotos und die Umschlaggestaltung beigesteuert hat.  So entstand das Bild eines außergewöhnlichen, ausgesprochen kreativen jungen Menschen, in dessen Gedanken und Erfahrungen sich viele Zuhörer sicherlich ein Stückweit wiedererkennen konnten und der zu Recht viel Applaus bekam.