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„Ich bekam keine Luft mehr und musste rausgehen“


Gedenkfahrt von Scheuern nach Hadamar

Für den 24. August 2013 hatten das Dekanat Nassau und die Stiftung Scheuern eine Gedenkfahrt für die Opfer der Euthanasie nach Hadamar organisiert. Die Gruppe um Pfarrer Matthias Metzmacher, Referent für den Aufgabenbereich gesellschaftliche Verantwortung im Dekanat Nassau, und Eckhard Bahlmann, Pfarrer und Direktor der Stiftung Scheuern, informierte sich über Opfer, Hintergründe und Orte des nationalsozialistischen Gewaltregimes und hielt die Erinnerung an die Ermordeten wach.Die Fahrt war ein Beitrag zum Europäischen Gedenktag an die Opfer des Totalitarismus, der seit 2009 am 23. August begangenen wird. Vor 30 Jahren gründete der Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV) die Gedenkstätte Hadamar, um der Opfer der NS-"Euthanasie"-Verbrechen in seinen Einrichtungen zu gedenken und einen Ort der historisch-politischen Bildung zu schaffen. "Mensch achte den Menschen" lautet dort die Inschrift eines Denkmals.


Ausgehend vom Mahnmal der Stiftung Scheuern, das vor 13 Jahren unter dem Motto "Vergiss mich nicht und komm" errichtet wurde, stellte Bahlmann insbesondere die Geschicke der fast 1500 Menschen dar, die in den Jahren 1941 bis 1945 aus Scheuern deportiert wurden bzw. für die die Stiftung damals eine so genannte Zwischenstation auf ihrem Weg in den Tod war. Dieser Tod, so Bahlmann, sei mitnichten der "schöne Tod" - was die Bedeutung des Wortes Euthanasie ist - gewesen, vielmehr war es brutaler Mord. Die Menschen mit Behinderung, die von Scheuern aus nach Hadamar gebracht und dort vergast wurden, spürten sehr genau, was sie erwartete. Das belegen nicht nur die Briefe, die sie damals hinterließen und die das Scheuerner Mahnmal wieder aufgreift.

Die Gruppe konnte bei dem anschließenden Besuch in Hadamar intensive Eindrücke davon mitnehmen, wie grauenvoll die Vorgänge im Keller der damaligen Landesheilanstalt gewesen sein müssen. Der Auskleideraum, die Gaskammer, die Schleifbahn für die Leichen, die Krematoriumsöfen, ein Seziertisch sind noch zu sehen. Keine gute Erinnerung, aber mehr als wichtig: "Wir dürfen die Opfer nicht vergessen, sonst kann es wieder passieren." Darin waren sich alle Mitreisenden - überwiegend Menschen, die selbst noch in Kindertagen die nationalsozialistische Herrschaft erlebt hatten - und die beiden begleitenden Pfarrer Metzmacher und Bahlmann einig.

Auch die 55-jährige Ingelore R., die in der Stiftung Scheuern lebt, selbst eine Frau mit Behinderung, setzte sich mit der Vergangenheit auseinander: "Wir haben in die Gaskammer und ins Krematorium geschaut. Da unten im Keller stand noch der Tisch, wo sie die Leute drauf gelegt und die Organe entnommen haben. Ich bekam keine Luft mehr und musste rausgehen. In der Busgarage waren wir auch. Die sieht aus wie eine alte Brettergarage und ist so groß, dass etwa drei Busse reingingen. Da hingen Bilder von den Menschen, denen sie gesagt haben, ihr geht mal unter die Dusche. Doch dann hat man sie umgebracht. Es war fruchtbar zu hören und zu sehen, was sie damals mit den Menschen gemacht haben. Das war eine schlimme Zeit. Ich wünsche mir, dass so was nie mehr passiert."