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Aktuelles

Podiumsdiskussion gibt Einblick in das Thema Inklusion


„Reif für die Inklusion?“ lautete der Titel einer Podiumsdiskussion, zu der der Arbeitskreis Ökumene im Nassauer Land vor Kurzem in das Günter-Leifheit-Kulturhaus einlud.

Er ist in aller Munde und bleibt dennoch oft genug ein Rätsel: Man hoffe, dass der Begriff Inklusion am Ende der Veranstaltung ein Stück weit klarer sein werde, betonte Claire Metzmacher, Bildungsreferentin der Evangelischen Kirche Rhein-Lahn, als sie, auch im Namen des veranstaltenden Arbeitskreises Ökumene im Nassauer Land, die Podiumsdiskussion im Günter-Leifheit-Kulturhaus eröffnete. „Reif für die Inklusion?“ lautete der provokativ angehauchte Titel  – eine Frage, der sich auf dem Podium Pfarrer Gerd Biesgen, Vorstand der Stiftung Scheuern in Nassau, und Christa Klamp, Leiterin des Pflegestützpunktes Loreley-Nastätten, Mutter eines behinderten Sohnes sowie Leiterin einer Selbsthilfegruppe für Eltern behinderter Kinder, stellten.

Seit Einführung der UN-Behindertenrechtskonvention  im Jahr 2008 habe die Vokabel Inklusion Hochkonjunktur, stieg Bernd-Christoph Matern, Öffentlichkeitsreferent der Evangelischen Kirche Rhein-Lahn und Moderator des Abends, in das Thema ein. Aber was beinhaltet sie eigentlich genau? „Dass es letztlich nicht darum geht, Menschen mit Behinderung in unsere Gesellschaft zu integrieren, sondern vielmehr darum, sie von Anfang an als untrennbar zu unserer Gesellschaft gehörend anzusehen“, antwortete Gerd Biesgen und fügte mit Blick auf oftmals vorhandene Berührungsängste hinzu: „Wenn man Inklusion im umfassenden Sinn haben will, muss man die Barrieren in den Köpfen und Herzen der Menschen abbauen.“

Was für sich allein genommen schon anspruchsvoll genug ist. Eine gelungene Inklusion erfordert zudem aber auch Geld – Geld, das über die vom Land festgelegten Regelsätze aus öffentlichen Mitteln fließt. „Hier hat die Stiftung Scheuern im Konzert mit anderen Anbietern der Behindertenhilfe lange den billigen Jakob gespielt und sich mit deutlich zu knapp bemessenen Regelsätzen zufriedengegeben“, betonte Biesgen. Noch in diesem Monat werde die Stiftung in dieser Angelegenheit Verhandlungen mit dem Land führen. Und: „Mir ist klar, dass wir uns nicht allein auf die öffentliche Hand verlassen dürfen, sondern über kurz oder lang, etwa auf dem Weg der Spenden- und Fördermittelakquise, zusätzlich andere Geldtöpfe auftun müssen.“

Inklusion könne nur gelingen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, bestätigte auch Christa Klamp, die hier einen deutlichen Verbesserungsbedarf sieht. „Für das Wohlergehen von Menschen mit Behinderung spielt die fachliche Förderung eine extrem wichtige Rolle “,  betonte sie. Doch an den erforderlichen Voraussetzungen mangele es vielfach: „Wenn ich beispielsweise sehe, dass zur Betreuung von Autisten Integrationshelfer ohne entsprechende Ausbildung eingesetzt werden, dann ist das in meinen Augen eine falschverstandene Inklusion, die uns hinter den Stand von 2008 zurückwirft.“

Inklusion – zweifellos ein Thema mit vielen Facetten. Eine der wichtigsten, die an diesem Abend in den Fokus rückte, ist die Dezentralisierung, sprich die Schaffung von Wohnplätzen für Menschen mit Behinderung inmitten von Städten und Gemeinden.  „Wie weit ist die Stiftung Scheuern auf diesem Weg?“, wollte Moderator Bernd-Christoph Matern von Gerd Biesgen wissen.  Der Leitantrag von 2009 sehe vor, 270 der insgesamt rund 600 Wohnplätze aus dem Zentralbereich der Stiftung Scheuern auszulagern und in Außenwohnplätze umzuwandeln, antwortete Biesgen: „In Nassau, Bad Ems und Nastätten sind bisher insgesamt etwa 50 solcher dezentraler Wohnplätze entstanden.“

Wie sehen und leben die Bewohner selbst die Dezentralisierung? Einen Einblick in diese Frage gaben  Lore Arnold und Christa Schienmann, zwei Bewohnerinnen der Stiftung Scheuern, in einer kurzen Gesprächsrunde mit Claire Metzmacher. Beide standen vor einigen Jahren vor der Frage, ob sie in eine Außenwohngruppe umziehen wollten – und entschieden sich am Ende unterschiedlich. „Seitdem ich in der Gerhart-Hauptmann-Straße mitten in Nassau wohne, habe ich alle Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe, kann Veranstaltungen besuchen und Leute kennenlernen“, zählte Lore Arnold die Vorteile des dezentralen Wohnens auf. Bei Christa Schienmann dagegen gab das Angebot vor Ort in der Stiftung mit Versammlungsraum, Therapiezentrum, Turnhalle und weiteren Einrichtungen den Ausschlag zum Bleiben. Außenwohngruppen seien nicht für jeden das Nonplusultra, so ihre Überzeugung: „Nur wenn die Bewohner zueinander passen, sich an Regeln halten und Rücksicht aufeinander nehmen.“

Es kommt eben ganz auf den Einzelfall an – was nicht nur für das Wohnen, sondern auch für die Betreuung und Hilfeplanung gilt. „Es wäre wünschenswert, dass es in der Region für jede Art von Behinderung spezifische Betreuungsangebote gibt“, betonte Christa Klamp. Nur so könne man Menschen mit Behinderung die individuelle Unterstützung und Förderung zukommen lassen, die sie benötigen. Aber: „Davon ist der Rhein-Lahn-Kreis leider weit entfernt.“ Zweifellos eine ziemlich skeptische Sicht der Dinge.  „Bei drei“, antwortete Christa Klamp auf die Frage, wo sie den derzeitigen Stand der Inklusion auf einer von eins bis zehn reichenden Skala sieht.  

Wie schätzen die Nassauer Bürger den Status quo in Sachen Inklusion ein? Sehr unterschiedlich, das ließen zumindest die Reaktionen  der rund 40 Besucher der Podiumsdiskussion vermuten.  Während eine Mitarbeiterin der Stiftung Scheuern von einem „lebendigen Miteinander“ zwischen Nassauer Geschäftsleuten und  Bewohnern der Stiftung sprach, sagte ein betroffener Vater: „Reif für die Inklusion? Die 650 von der Stiftung Scheuern betreuten Menschen mögen es zwar sein. Aber die 5000 Bürger von Nassau sind mit Sicherheit noch lange nicht so weit.“ Im Idealfall, darin war man sich einig, werde der Begriff Inklusion eines Tages aus dem Wortschatz verschwinden – dann nämlich, wenn das gesellschaftliche Miteinander zur Selbstverständlichkeit geworden sei. „Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg“, stellte Pfarrerin Antje Dorn vom Arbeitskreis Ökumene im Nassauer Land in ihrem Schlusswort klar. „Das gilt nicht nur für die Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderung, sondern