Nassau. Von wegen, Petrus ist nur für die Katholiken da. Hatte es am Morgen noch Bindfäden geregnet, so klarte es während des Gottesdienstes im Versammlungsraum mit Riesenschritten auf, und die Stiftung Scheuern konnte den Rest ihres Jahresfestes bei Bilderbuchwetter draußen feiern.
Eine fröhliche, bunte, quicklebendige Veranstaltung war es, was da unter dem Motto „Wirf Blumen ins Leben“ über die Bühne ging. Und zwar von Anfang an: „Wir können uns zu Gottes schönen Blumen machen“, sagte Markus Fehlhaber, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde der Stiftung Scheuern, der den liturgischen Teil des Gottesdienstes übernahm – und rief zu einer außergewöhnlichen kleinen Aktion auf: In Glasschälchen wanderten leuchtend bunte, blumenförmige Sticker durch die Reihen, die sich die Gottesdienstbesucher gegenseitig an Hemden, Blusen oder Revers hefteten – äußeres Zeichen einer inneren Verbundenheit. Um die drehte sich letztlich auch die Predigt, die Pfarrer Gerd Biesgen, Vorstand der Stiftung Scheuern, hielt. Er ging von einem biblischen Gleichnis aus, in dem Jesus Matthäus, einen Zöllner, zu sich an den Tisch einlädt. „Zöllner waren damals als Gauner verrufen. Sie waren Menschen, mit denen die ehrbaren Bürger und erst recht die frommen Pharisäer nichts zu tun haben wollten. Deshalb stieß Jesu Verhalten bei letzteren auch auf großes Unverständnis“, erklärte Biesgen und fügte hinzu: „Was die Pharisäer aber nicht begriffen hatten, ist, dass das Ansehen eines Menschen vor Gott nicht entscheidend ist. Vielmehr liebt Gott jeden Menschen so, wie er ist – unabhängig davon, was die anderen von ihm halten mögen.“ Für das Bild, das sich Gott von einem Menschen macht, spielt dessen Image also keine Rolle – das unterstrich auch das zur Gitarre vorgetragene Lied, mit dem Biesgen den vom Chor der evangelischen Kirchengemeinde der Stiftung Scheuern und dem Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinden Nassau, Dausenau, Schweighausen und Dachsenhausen musikalisch ansprechend gestalteten Gottesdienst zusätzlich auflockerte. „Ich bin nur einer von Millionen im Telefonbuch, aber ich ein Diener des Schöpfers dieser Welt“, lautet der Refrain des Songs, den der christliche Liedermacher Arno Backhaus vor einigen Jahren schrieb. Den Zuhörern gefiel der flotte Vortrag hörbar gut, ihr begeisterter Beifall ließ am Ende sogar einen Hauch von Poparena durch den Versammlungsraum wehen.
Locker und höchst unterhaltsam kam auch das anschließende Open-Air-Programm daher. Da wären zum einen die diversen Tanzensembles zu nennen. Besonders erwähnenswert, da aus 100 Kilometer Entfernung angereist: die Damen und Herren von der Bewohnervertretung der Kreuznacher Diakonie. Sie kamen als Überraschungsgäste für Pfarrer Biesgen, der früher als Geschäftsführer bei der Kreuznacher Diakonie arbeitete, nach Scheuern. Aber natürlich sorgten auch die stiftungseigene Gruppe Let’s Dance, die zu zwei Songs von Superstar Laith Al-Deen übers Parkett wirbelte, und die Crazy Bumble Bees, die „Verrückten Hummeln“ der Kleinwohngruppe mit ihrem Zumba-Fußballfieber für gute Laune. Eine weitere Gruppe der Stiftung begeisterte mit Standardtänzen.
Dazu gab es wahlweise melodiös eingängige oder rhythmisch mitreißende Musik. Nachdem die stiftungseigene Band Die fliegenden Noten den Einstieg in das Nachmittagsprogramm geschaffen hatte, gaben die Flecker Stimmungsmacher ihre Premiere in Scheuern. Vom Betreuerrat der Stiftung eingeladen, wartete das aus den Reihen des Katzenelnbogener Gesangvereins heraus gegründete Ensemble mit Gute-Laune-Liedern auf. Die Schüler des Leifheit-Campus wiederum überzeugten mit Ausschnitten aus ihrem Chortheater „Max Lied“ und berichteten von dem Sozialtag der Schule, den sie wenige Tage zuvor in der Stiftung Scheuern verbracht hatten. Mehrfach vertreten war auch die Trommler-Fraktion: Neben der seit vielen Jahren zur Stiftung gehörenden Trash-Drumming-Truppe Crazy Grooves zog Roustam, ein jugendlicher afghanischer Flüchtling, der zurzeit im Carl-Ninck-Haus auf dem Lahnberg wohnt, das Publikum mit seinem Trommelspiel in den Bann. Der etwa gleichaltrige Abdul begleitete ihn mit seinem Gesang. Und das war immer noch nicht alles: Wenn gerade niemand anderes auftrat, sorgte das Duo Pia und Wolfgang Wallroth mit seinen Evergreens für beste musikalische Unterhaltung. Vollends zur runden Sache wurde das Jahresfest durch den Flohmarkt des Fördervereins, der ausgiebig Gelegenheit zur Schnäppchenjagd bot, und die zahlreichen Info- und Mitmachstände, an denen die Besucher Einblick in die Arbeit der Stiftung Scheuern gewannen. Übrigens, das blumige Festmotto nahm auch nachmittags Gestalt an. Viele Gäste nutzten die Gelegenheit, aus einem der Bauchläden Blumensamenkugeln zu kaufen. Sie unterstützten damit die Arbeit der Stiftung Scheuern – und warfen in doppelter Hinsicht Blumen ins Leben.