Und eigentlich noch viel mehr, nämlich ein fröhliches, unbeschwertes Zusammenfinden von Menschen mit und ohne Behinderung, von Kultur- und Naturbegeisterten, von Laurenburgern und Besuchern aus anderen Teilen des Rhein-Lahn-Kreises. Was sich logischerweise auch in den Grußworten widerspiegelte. Es solle ein Fest der Begegnung werden, sagte Pfarrer Gerd Biesgen, Vorstand der Stiftung Scheuern, bei der offiziellen Eröffnung – just in dem Moment, als sich der erste Sonnenstrahl hinter den Wolken hervorwagte und damit nach dem eher trüben Vormittag auch in Sachen Wetter die Marschrichtung klar war. „Gegen den Strom schlechter Nachrichten, der uns tagtäglich überflutet, möchten wir ein Zeichen setzen, indem wir uns an Gottes Schöpfung erfreuen, das Verbindende hervorheben und das Miteinander pflegen“, griff Biesgen in seinem geistlichen Impuls den Namen des Lahnkulturfestivals auf, das in diesem Jahr unter dem Motto „Der Sommer unseres Vergnügens“ steht. Dessen Leiter Diethelm Gresch hatte vorgeschlagen, sich zusammenzutun und erstmals eine Gegen-den-Strom-Veranstaltung an einem Standort der Stiftung Scheuern ins Visier zu nehmen. Eine gute Idee, wie sich alsbald herausstellte, denn in Verbindung mit dem Schlossparkfest kam der kulturelle Part, für den das Duo Regine und Thomas Reisinger sowie die Spielleut Ranunculus mit ihrer Tanzgruppe Lavandula verantwortlich zeichneten, noch einmal einen Tick lockerer und beschwingter daher.
Während Gresch sich freute, mit besagten Akteuren hochkarätige Künstler an Land gezogen zu haben, und den Mitarbeitern der Stiftung Scheuern für ihren Einsatz bei der Planung und Vorbereitung des Festes dankte, betonte Laurenburgs Ortsbürgermeister Ulrich Kuhmann: „Es ist schön, dass wir zusammengewachsen sind.“ Als Glücksgriff bezeichnete der Ortschef das Bodentrampolin mitten im Park, das der Förderverein der Stiftung Scheuern zur Eröffnung der Tagesförderstätte im vergangenen Jahr gestiftet hatte: „Die Kinder aus dem Ort kommen mittags zuhauf hierher und bringen ihre Eltern mit, sodass es zu zwanglosen Kontakten mit den von der Stiftung Scheuern betreuten Menschen kommt.“
Die Integration der Stiftung in die Ortsgemeinde Laurenburg sei auf einem guten Weg, betonte auch Frank Puchtler, der genau genommen übrigens „schuld“ an allem war: Bei der Taföeröffnung hatte der Landrat ein alljährliches Sommerfest von Gemeinde und Stiftung angeregt – und dazu eine Getränkespende in Aussicht gestellt. Ein Versprechen, dem er jetzt mit sichtlichem Vergnügen nachkam: Die Korken knallten, der Secco perlte, die Tabletts machten die Runde – promillehaltiger Startschuss für den nun folgenden kulturellen Doppelgenuss.
Da war zum einen der Auftritt – oder besser: die Auftritte – von Regine und Thomas Reisinger. Das Musiker-Paar hatte beschwingte Kaffeehausmusik im Gepäck – und damit genau die richtigen musikalischen Zutaten für diese spätsommerliche Open-Air-Veranstaltung zusammengestellt. Bestens aufeinander abgestimmt, brachten Thomas Reisinger an der Violine und seine Ehefrau Regine am Piano zahlreiche Klassiker dieses Genres wie das Fiakerlied „Im Prater blüh’n wieder die Bäume“ oder den Marsch „Wien bleibt Wien“ zu Gehör. Wiener Flair versprühten sie zudem mit der „Harry-Lime“-Titelmelodie aus dem britischen Uralt-Thriller „Der dritte Mann“, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen. Doch ihr Blick reichte weit über die österreichische Metropole hinaus. Zum Beispiel bis nach Berlin: Auch Evergreens der Comedian Harmonists, darunter „Veronika, der Lenz ist da“ und „Mein kleiner grüner Kaktus“, standen auf dem Programm. Das war Musik, die meist fröhlich-beschwingt, manchmal aber auch mit einem Schuss Wehmut und Melancholie daherkam – Hintergrundmusik, die zum Feiern, Flanieren, Sinnieren einlud, dank des hohen Niveaus, auf dem die beiden Interpreten agierten, aber niemals ins Seichte abglitt.
Die perfekte Ergänzung dazu lieferten die Spielleut Ranunculus, die sich immer wieder mit dem Duo Reisinger abwechselten. Die in farbenfrohe Kostüme gewandete, nach dem Gelbblütler Hahnenfuß benannte Mittelalter-Truppe rund um Frontfrau Ute Grassmann ließ es mit ihren Trommeln, Schalmeien, Dudelsäcken und sonstigen selbstverständlich streng ans mittelalterliche Vorbild angelehnten Instrumenten ordentlich krachen. Überwiegend laut und temperamentvoll, aber auch mal poetisch und auf jeden Fall pittoresk – wer sich davon nicht mitreißen ließ, dem war schlichtweg nicht zu helfen. Ein buntes Treiben war es, mit geschichtlich ernstzunehmendem Hintergrund: „Das sind alles nachweisbare historische Lieder“, betonte Ute Grassmann. „Da ist nichts dazu gemacht.“ Was auch für die Performance der Tanzgruppe Lavandula gilt: Ob Markt- und Pest- oder Moriskentanz, ob französische Reigen- und Rundtänze oder vierstimmige Branles aus der Renaissance – hier ging es streng historisch, aber äußerst lebendig zu. Logisch, dass die Ranunculusse und Lavandulas die Festbesucher nicht zweimal zum Mittanzen aufzufordern brauchten. Da wurde gehüpft und gesprungen, sich umeinander gedreht und per Polonaise durch den Park getanzt, dass es eine Wonne war.
Vollends zur runden Sache wurde das Fest durch die zahlreichen Stände, die zum Schauen, Kaufen, Mitmachen einluden. Ob es die Malaktion der Künstlerin Claudia Brandstädter, der Familienunterstützende Dienst der Stiftung Scheuern mit seiner Schilder- und Schwerterproduktion oder die Ambulanten Dienste waren, die die Disziplin Wildschwein- und Hufeisenweitwurf im Angebot hatten. Ob das Hofgut Mauch mit seinen Obstköstlichkeiten oder die Kreativwerkstatt mit Schmuck und anderen schönen Dingen an den Stand lockte – kurzum: Es war ein wahrhaft vergnüglicher Sommer-Sonntagnachmittag.