Eine junge Frau ist auf dem Weg zum Praktikum im Rahmen ihrer Ausbildung. Mit dem Auto wird sie in einen schweren Unfall verwickelt. Sie kommt mit dem Leben davon, erleidet aber schwere Schädel-Hirn-Verletzungen. Ein Schicksal, das jeden treffen kann.
Seit sie aus dem Krankenhaus entlassen ist, kämpft sich die junge Frau Schritt für Schritt ins Leben zurück. In ein Leben wohlgemerkt, das sich von ihrem Leben vor dem Unfall erheblich unterscheidet. Seit 2020 ist sie im Elmar-Cappi-Haus in Bad Ems zu Hause, in dem Menschen mit erworbener Hirnschädigung wohnen und begleitet werden. Welchen Weg sie hinter sich hat, wo sie jetzt steht und was die nächsten Ziele sind, hat Sonja Behnke vom Fachbereich INTEGRA der Stiftung Scheuern jetzt im Rahmen der dreitägigen Grundlagenschulung zum Erwerb von Neurokompetenz als Fallbeispiel geschildert.
Das Thema, das sich neben Erkenntnissen zur Funktionsweise des Gehirns und Auswirkungen von Verletzungen an diesem Organ wie ein roter Faden durch die dreitägige Fortbildung zieht, lautet: „Zurück in den Alltag“. Und dieser Weg ist oft lang. Welche konkreten Folgen eine Schädel-Hirn-Verletzung für einen Menschen hat, hängt von vielen Faktoren ab. Wie schnell nach dem Unfall oder Schlaganfall ist Hilfe vor Ort? Welche Hirnregionen sind betroffen? Wie es danach weitergeht, hat viel damit zu tun, wie umfassend der Person spezialisierte Therapien, Hilfsmittel und Begleitung zur Verfügung stehen. Häufig werden Versorgungslücken offenbar, wie Institutionen wie die Hannelore-Kohl-Stiftung immer wieder öffentlich anprangern.
Der Fachbereich INTEGRA bietet Menschen mit erworbener Hirnschädigung die Möglichkeit, in einem geschützten Umfeld mit Unterstützung zu wohnen. Aber auch externen Betroffenen stehen die Angebote offen. In der Reha-Gruppe erfahren sie eine sinnvolle Tagesgestaltung. Ein breites Spektrum an Therapien steht bereit, um verloren gegangene Fähigkeiten soweit wie möglich wieder zurückzugewinnen. Mit arbeitspädagogischen Angeboten wurde erreicht, dass die junge Frau unseren Berufsbildungs- und Integrationsservice (BIS) zunächst einen halben Tag pro Woche, neuerdings sogar dreimal wöchentlich besuchen kann. Dort übt sie sich in leichten Montagetätigkeiten. Ihre Konzentrationsfähigkeit und Belastbarkeit nehmen spürbar zu.
Das Ziel, das über allem steht: Menschen mit erworbener Hirnschädigung sollen nach und nach ihr Leben wieder so selbstständig wie möglich führen können. Auch eine Wiedereingliederung in die Arbeitswelt wird angestrebt. Dafür setzt sich ein multiprofessionelles Netzwerk ein, das sich an den individuellen Erfordernissen der jeweiligen Person orientiert.
Betroffene benötigen in vielen Bereichen Begleitung durch empathische Menschen, die sich in die Situation einfühlen können. Ebenso wichtig ist eine hohe fachliche Kompetenz, wie Bernd Feix als pädagogischer Vorstand der Stiftung Scheuern, der den Fachbereich INTEGRA mit aufgebaut hat, zu Beginn der Grundlagenschulung sagte. Nur so könne man einen angemessenen Umgang mit Betroffenen und ihren Angehörigen pflegen und Chancen für das veränderte Leben nach Hirnverletzung entwickeln.
Um diese Neurokompetenz zu vermitteln, bietet der Fachbereich INTEGRA regelmäßig eine Grundlagenschulung an. Sie wird von Mitarbeitenden der Stiftung Scheuern und von Menschen aus anderen Einrichtungen gleichermaßen geschätzt. So kommt die Hälfte der diesjährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Einrichtungen in ganz Deutschland, zum Beispiel von der Stiftung Pfennigparade aus München oder von Diakovere aus Hannover. Auch regionale Partner wie die Stiftung Diakoniewerk Friedenswarte aus Bad Ems sind vertreten. Wichtige Netzwerkarbeit nimmt auch hier ihren Ausgang.
Mehr Informationen über die Angebote von INTEGRA für Menschen mit erworbener Hirnschädigung gibt es im Internet unter www.integra-info.de