Particura ist ein Angebot für erwachsene Menschen mit erworbener Hirnschädigung, das Leistungen der Pflege und der Eingliederungshilfe aus einer Hand anbietet und damit die besonderen Bedarfe der Betroffenen vollumfänglich abdecken kann. Unser Spektrum geht von ambulanten, aufsuchenden Hilfen über Wohnheimplätze bis hin zu tagesstrukturierenden Teilhabeangeboten.
Particura ist ein wachsendes Projekt zwischen INTEGRA als Marke der Stiftung Scheuern und der Stiftung Diakoniewerk Friedenswarte speziell für Menschen mit erworbener Hirnschädigung und erhöhtem Pflegebedarf.
Ein Mensch, der durch ein hirnschädigendes Ereignis unter körperlichen, kognitiven und psychischen Auswirkungen leidet, wird plötzlich aus seinem bisherigen Leben gerissen. Er erfährt Beeinträchtigungen der selbstbestimmten Lebensführung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es kann zu einem Verlust des sozialen Umfelds und Arbeitsplatzes kommen. Die bisherige Lebensplanung kann plötzlich so nicht mehr umsetzbar sein, dies erfordert eine Anpassung des persönlichen Lebensentwurfs.
Da eine Hirnschädigung nie nur einen Menschen allein trifft, kann das persönliche soziale Umfeld ebenfalls eine Traumatisierung erfahren.
Nach der Rehabilitationsmaßnahme kann es im häuslichen Umfeld zu sekundär auftretenden Beeinträchtigungen kommen, die das Zusammenleben und die Orientierung im Alltag und der gewohnten Umgebung erschweren.
Particura richtet sich an Menschen im Erwachsenenalter, die durch unterschiedliche Ursachen eine Hirnschädigung erlitten haben und einen erhöhten Bedarf an Pflege und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aufweisen. Dies kann zum Beispiel durch einen Schlaganfall, ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine neurodegenerative Erkrankung der Fall sein.
Particura unterstützt und fördert die weitestgehende Selbstständigkeit und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben des betroffenen Menschen. Hierfür bietet Particura besondere Wohnformen sowie ambulante Hilfeleistungen an.
Particura ermöglicht das Erleben eines zweiten Lebensbereichs, der auf die Bedarfe des Menschen mit erworbener Hirnschädigung abgestimmt wird. Der Betroffene erlebt Lebensqualität trotz und mit seinen Beeinträchtigungen.
Particura bietet eine bedarfsorientierte Tagesstruktur, die eine aktivierende Pflege und Betreuung sowie bedarfsgerechte Therapien und eine Übertragung der Therapieinhalte in den Alltag (alltagsorientiertes Training: AOT) miteinander vereinen.
Die An- und Zugehörigenarbeit, die Beratung und der Informationsaustausch in Netzwerkgesprächen sind ein wichtiger Bestandteil der professionellen Arbeit und Begleitung bei Particura.
Particura besteht aus einem multiprofessionellen Team, das über ein Grundverständnis von neurologischen Erkrankungen und deren Auswirkungen auf die betroffene Person, den Alltag und ihr Umfeld verfügt. Ein fortlaufendes Fortbildungscurriculum zum Thema Neurokompetenz und weiteren relevanten Schwerpunkten bildet die Grundlage für das professionelle Handeln.
Neben dem multiprofessionellen Team steht dem Betroffenem ein psychologischer Fachdienst beziehungsweise eine neuropsychologische Begleitung zur Verfügung. Ein Case Management unterstützt bei Aufnahmeanfragen, bei Bedarf auch bei Antragstellungen und Widerspruchsverfahren, gestaltet den Betreuungsalltag aktiv mit und sorgt für eine regelmäßige Abstimmung hinsichtlich der Ziele und Wünsche der betroffenen Person.
Die Stiftung Scheuern und das Diakoniewerk Friedenswarte bündeln ihre Kompetenzen, um Menschen mit erworbener Hirnschädigung bestmöglich zu helfen. Die beiden Institutionen wollen ihr pflegerisches Know-how, ihre Erfahrung mit den Bedarfen der Betroffenen und ihre Netzwerke aus Ärzten und anderen Experten vereinen. Damit soll die bislang oft unzureichende Nachsorge für Menschen, die von Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Hirntumor oder entzündlichen Hirnerkrankungen betroffen sind, spürbar verbessert werden.
Das gemeinsame Dienstleistungsangebot von Stiftung Scheuern (Nassau) und Diakoniewerk Friedenswarte (Bad Ems) trägt den Namen Particura. Dieser besteht aus den lateinischen Worten für teilnehmen (participare) und Pflege (cura) und weist auf das Ziel der Zusammenarbeit hin: Man will Menschen mit erworbener Hirnschädigung alle erforderlichen Hilfen aus einer Hand anbieten, um diese nicht nur pflegerisch bestmöglich zu versorgen. Die Betroffenen sollen durch individuell angepasste Therapie- und Hilfeangebote wieder in die Lage versetzt werden, ihren Alltag wieder möglichst selbstständig zu meistern. Der Slogan: „Dein Leben. Deine Chance“, bringt es auf den Punkt.
„Es geht uns um die Menschen“, sagt Bernd Feix, pädagogischer Vorstand der Stiftung Scheuern. „Wir wollen erreichen, dass das Hilfesystem für Menschen mit erworbener Hirnschädigung Stück für Stück besser wird.“ Potenzial dafür gibt es reichlich. Betroffenen fehle nach der ersten medizinischen Versorgung im Krankenhaus meist eine bedarfsgerechte Nachsorge, die das Ziel hat, verloren gegangene Fähigkeiten zu reaktivieren oder zu kompensieren und ein Höchstmaß an Teilhabe zu ermöglichen. Dinge, die für Menschen einen besonderen Stellenwert haben, die durch eine Hirnschädigung aus ihrem gewohnten Berufs- und Privatleben gerissen wurden. Außerdem gleicht die Antragstellung an die Kostenträger oft genug einem undurchdringlichen Dschungel. Particura will Betroffenen und ihren Angehörigen Hilfe und Entlastung bieten.
Weil das Problem der unzureichenden Nachsorge ein grundlegendes ist, wird das innovative Konzept von Particura öffentlich gemacht. Es fasst die Erkenntnisse der anderthalbjährigen Projektphase zusammen und soll Best-Practice-Beispiel sein. „So können sich auch andere Einrichtungen an unseren Erfahrungen und Lösungsansätzen orientieren“, betonen Bernd Feix und Oliver Eggert, Vorstand der Friedenswarte. Wegen des beispielhaften Charakters hat die Diakonie Hessen die Projektphase finanziell gefördert.
Wenn ein Mensch eine Hirnschädigung erleidet, sind die Folgen für ihn und sein Umfeld oft extrem herausfordernd. Durch den Schicksalsschlag verlieren die Patienten ihre Selbstständigkeit und ihre Identität; ihre Lebensplanung – beruflich wie privat - wird zunichtegemacht. Angehörige und Freunde sehen sich oft nicht nur mit Pflegebedürftigkeit konfrontiert, sondern auch mit einer veränderten Persönlichkeit des Betroffenen. Professionelle Hilfe ist in dieser prekären Situation nicht leicht zu finden.
Neuropsychologische Praxen zum Beispiel sind nicht nur im Rhein-Lahn-Kreis selten und haben lange Wartezeiten. Die Behandlung ist derzeit auf fünf Jahre beschränkt, obwohl nicht wenige Menschen mit erworbener Hirnschädigung diese für den Rest ihres Lebens benötigen. Zudem fehlt es an spezialisierten Einrichtungen für jene, die im häuslichen Umfeld nicht adäquat begleitet werden können. Im klassischen Altenpflegeheim sind Patienten mit erworbener Hirnschädigung meist genauso fehl am Platz wie in Einrichtungen für Menschen, die von Geburt an kognitiv beeinträchtigt sind. Hier wie dort sind Pflege und Betreuung nicht auf diese Personengruppe ausgerichtet.
Mit Particura wollen die Stiftung Scheuern und die Diakoniewerk Friedenswarte diesen Menschen nun gemeinsam besser gerecht werden und deren Versorgung optimieren. Durch den vor mehr als 15 Jahren gegründeten Fachbereich Integra für Menschen mit erworbener Hirnschädigung, deren Pflegebedarf gering ist, hat die Stiftung Scheuern viel Know-how, einen reichen Erfahrungsschatz und ein großes Netzwerk von Experten aufgebaut. „Es war für uns spannend zu sehen, mit wie viel verschiedenen Professionen die Stiftung Scheuern zusammenarbeitet“, sagt Karin Quirmbach von der Friedenswarte, die gemeinsam mit Isabel Hofmann (Stiftung Scheuern) das Projekt leitet. Die Friedenswarte wiederum ist auf das Thema Pflege spezialisiert und verfügt über entsprechendes Wissen und Fachpersonal.
„Die Bedarfe von Menschen mit erworbener Hirnschädigung sind sehr komplex und vielfältig“, sagt Oliver Eggert von der Friedenswarte. Die Folge ist: „Die Verzahnung von Hilfen und Leistungen ist die wirksamste Herangehensweise“, ergänzt Bernd Feix von der Stiftung Scheuern. Wie dies in der Praxis erreicht werden kann, haben die Stiftung Scheuern und die Friedenswarte in der Projektphase von Particura gemeinsam ausgelotet. Dabei war auch manche Barriere zu überwinden, die der geltenden Sozialgesetzgebung innewohnt.
Gemeinsam ist es gelungen, eine Vielzahl von Beteiligten zusammenzubringen. Das reicht vom Betroffenen und seinen Angehörigen über Neurologen, Psychologen und Therapeuten bis hin zu Fachkräften aus den Bereichen Pädagogik und Pflege. Schon bei der Aufnahme eines Menschen mit erworbener Hirnschädigung durch Particura werden neuropsychologische Experten eingebunden. In einem standardisierten Verfahren werden Fähigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen des Betroffenen ermittelt. Die Erkenntnisse dienen dazu, Betreuung, Therapien und Pflege optimal auf die Person anzupassen. Sie werden aber auch herangezogen, um im weiteren Verlauf die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen beurteilen zu können.
Die Fäden hält dabei ein Case Management in der Hand, das den gesamten Prozess steuert. Das Case Management vermittelt zum Beispiel Probewohnen oder Kurzzeitpflege, damit beide Seiten sich kennenlernen. Das ist derzeit in bestehenden Einrichtungen in Bad Ems, Nassau und Simmern (Westerwald) möglich. Außerdem gibt es ambulante Pflege- und Hilfeangebote für jene, die in ihrem häuslichen Umfeld leben, sowie Angebote für Tagesstrukturen, beispielsweise in Form einer Reha-Gruppe. Auch um Unterstützungsangebote für Angehörige kümmert sich das Case Management auf Wunsch.
Nach der Projektphase soll Particura nun Zug um Zug ausgebaut und für Menschen in der Region und darüber hinaus zugänglich werden. Das bestehende Netzwerk soll ausgebaut, Fachkräfte für die spezifischen Anforderungen weiterqualifiziert werden. Zudem sollen neue Wohnangebote entstehen, beispielsweise für junge Menschen mit erworbener Hirnschädigung, für Personen mit demenziellen Veränderungen oder für Menschen, die nicht-invasiv beatmet werden müssen. „Jetzt geht es erst richtig los“, sagen Oliver Eggert und Bernd Feix.
particura ist Teamwork:
Die anderthalbjährige Projektphase wurde von Isabel Hoffmann, Mitarbeitende im Case Management der Stiftung Scheuern, und Karin Quirmbach vom Qualitätsmanagement der Stiftung Diakoniewerk Friedenswarte geleitet. Begleitet wurde das Projekt von der unabhängigen Beratungsstelle Inklusa gGmbH, dem Neurologen Dr. Paul Reuther und Dr. Dominik Pöppl von der Arbeitsgemeinschaft Teilhabe – Rehabilitation, Nachsorge und Integration nach Schädelhirnverletzung. Wissenschaftlich begleitet wurde die Projektphase von der Unternehmensberatung xit GmbH.
Isabel Hoffmann
für Erstanfragen und
zu Fragen des Casemanagements
M. +49 159 041 16229
i.hoffmann@stiftung-scheuern.de
Karin Quirmbach
für Fachfragen der Pflege
Stiftung Diakoniewerk Friedenswarte
M. +49 160 94795463
karin.quirmbach@stiftung-friedenswarte.de
Stiftung Diakoniewerk Friedenswarte
particura im Haus Sonnenblick
Siebenbornstraße 11
56337 Simmern / WW.